Heute ist für die Expert – und damit auch die Challenge Klasse – eine Tour durch die Ergs (Sanddünengebiete) Remlia und Uzina angesagt (die Profis kriegen noch drei weitere Sandfelder serviert 🙂 ). Die ganze Strecke zählt als Special Stage – die Fahrzeit geht in die Platzierung ein.
Wecken wie immer un 06:15h mit Rammsteins Sonne, nochmal an die Parole des Tages erinnern `Nicht vom Rallyefieber anstecken lassen! Kontrolliert fahren!`, aufstehen, frühstücken, den Panzer anziehen und dann rechtzeitig um 09:42 zum Start. Da werden wir schon von oben beobachtet…
Das wird heute eine staubige Angelegenheit
zum Glück fahre ich als Navigator vor.
Die erste Düne im Erg Remlia erweist sich als sehr weich – das kleine nervöse Motorrad fährt da einfach rein statt drüber
Es muß mich dann nochmal abwerfen, bis ich mich daran erinnere: Mit Sand nicht diskutieren – sondern Gas und durch! Und siehe da, schon geht es! Der erste Checkpoint ist schon kurz hinter dem Erg Remlia erreicht.
Es folgen dann lange Tiefsandpassagen
wo man schön den Herdentrieb sehen kann. Fast alle fahren in der von den Vorgängern zerfahrenen und umso weicheren Spur und machen es sich damit unnötig schwer. Etwas daneben – auf unberührtem Sand – fährt es sich viel beser.
Es geht auf schnellen Pisten durch abwechslungsreiche Landschaft weiter wo wir am Rand der Piste zwei Italiener stehen sehen. Ich kann nun kein Italienich und bin auch kein Arzt – aber es ist soweit klar, das Alessandros Hand oder Arm was hat und er nicht weiterfahren kann. Mobilfunkabdeckung besteht an dem Ort nicht – und so dringend, einen Alarm über das Satelliten-Tracker System abzusetzen schien es ihnen dann doch nicht.
Naja – für den Fall hat ja jeder Fahrer vor der Rallye eine Notfallkarte erhalten. Schnell die nötigen Daten eingetragen (GPS-Koordinaten, Roadbookposition, Startnummern etc) und Krad-Melder 403 macht sich auf den Weg die Nachricht irgendwie an die Orga zu überbringen…
Manche Teilnehmer arbeiten mit allen Tricks um Konkurrenten abzulenken…
Ach nee – ist die Beifahrerin des weißen Merzedes G der mit Kupplungsschaden einsam in der Hamada steht – natürlich auch ohne Mobilfunkabdeckung.
Aber der andere Chritoph hat ja auch noch eine Notfallkarte, damit die einen Abschlepper bekommen.
Auf der weiteren Fahrt immer mal angehalten um zu checken, ob Mobilfunkaddeckung besteht – aber nichts zu wollen…
Es ist dann bald schon Erg Uzina erreicht. Die Dünen sind gegenüber Erg Remlia von heute morgen dann doch deutlich höher und müssen von der weichen Seite her angefahren werden. Der andere Christoph schafft es mit seiner KTM drüber
und das kleine nervöse Motorrad will auch mal drüber schauen – schaffts aber nicht ganz über die obersten, sehr weichen 2 Meter.
Gut – was man nicht durch Power erledigen kann, muß man eben anders kompensieren. Es ist ziemlich wahrschenlich, daß sich im Sandgebiet ein Secret Checkpoint befindet – und 4h Strafzeit für einen verpaßten Checkpoint will sich das kleine nervöse Motorrad auch nicht einhandeln. Also werden der andere Christoph und die zufällig auch grad auftachende Christine als Späher ausgesandt und das kleine nervöse Motorrad nimmt die Piste außen rum. Wir sehen uns auf der anderen Seite des Sandfeldes!
Stellt sich heraus, daß der Secret Checkpoint nur ca. 500m vom Ende des Erg Uzina entfernt liegt und von hinten leicht erreichbar ist. Da hat das kleine nervöse Motorrad leichtes Spiel
und wird auch endlich die Notfallkarte los. Das Alessandro ein Problem mit der Hand hat wußten die da schon – aber wo er steckt war unbekannt, da keiner die Koordinaten notiert hat. Was ist daran eigentlich so schwer? Dazu wird noch jeden Abend in der Fahrerbesprechung auf die Handhabung der Notfallkarten eingegangen und die Wichtgkeit vollständier Informationen für schnelle Hilfe betont…
So konnte sich der am Secret Checkpoint positionierte Arzt – zusammen mit einem Reservefahrer der dann das Motorrad rausfährt – in Bewegung setzen.
Weite geht es über gut fahrbare Pisten zum nächsten Chechpoint in einem versandeten, trockenen Flußbett
und von dort noch eine kurze Strecke zum Ziel
wo das kleine nervöse Motorrad unbedingt noch mit dem Hubschrauber possen wollte
bevor es mich die Fahrerkarte abgeben läßt
So sind wir schon gegen 1400h wieder im Camp – nach einem problemlosen Tag. Die Dünenetappen waren zwar etwas schwieiger als gedacht – aber nach etws Eingewöhnung dann gut macbar – bzw. konnten intelligent umgangen werden 🙂 .
In der abendlichen Ergebisliste steht das kleine nervöse Motorrad anfangs auf Platz 22 der kombinierten Expert und Challenge Klasse, bekommt aber für die Erste-Hlfe Leistung 15 Minuten Zeitgutschift und rutscht so auf Platz 19 – der andere Christoph landet auf Platz 16.
Und obwohl wir auch heute wieder keine fahrenden Motorräder überholt haben, haben wir rund 20 Plätze gut gemacht (da wir gestern Pausentag hatten, sind wir als letztes gestartet). Ich finde es immer noch erstaunlich, daß sich diese zwei Anfänger auf Langstrecken-Reisemotorrädern und ohne Serviceteam gegen die Konrurrenz aus spezialisieren Sport- und Rallymotorrädern doch ganz ordentlich behaupten können. Das zeigt, daß Geschwindigkeit allein nicht reicht.
Wir fahren eher verhalten – dafür konstant – und vor allem nicht schneller als wir navigieren können. So wissen wir immer genau wo wir uns im Roadbook befinden.
Ein schönes Beispiel hatte ich dazu am Ende der ersten tiefsandigen Piste. Nach der schwierigen Sandpassage folgt eine feste schnelle Piste über eine kleine Bergkette. Das Roadbook sagt geradeaus – und die Motorräder vor mir verschwinden in einer Staubwolke über die Berge. Das Roadbook sagt aber dann im nächsten Bild: Nach 100m scharf rechts abbiegen – noch vor der Bergkette…Sowas passiert halt, wenn man das Hirn in der rechten Hand hat…
Immer mal wieder habe ich auch andere Fahrer getrofen, die keine Ahnung hatten wo sie waren – sind offenbar einfach anderen hinterhergefahren und haben ihren Leitesel irgendwann verloren…
Nun noch die `United Colors of Rallying`:
An der Wade hat mich wohl das kleine böse Motorrad mit der Soziusfußraste und dem Resrvekanister angefahen, bei der Stelle seitlich unterhalb des Knies rubbelt der Ledereinsatz der Fahrerhose zusammen mit dem allgegenwärtigen Sand beim Knieschluss mit dem Tank die Haut ab – und was das am Knie war weiß ich nicht. Denn das schöne ist ja, daß man es vor lauter Adrenalin gar nicht merkt.
Bleiben noch Karte, Statistik und Profil für heute
und natürlich das offizielle Video
Auf der Rally gilt immer: “It’s a race, but not right now,” und der schnellste Navigator gewinnt.